Jahresbericht 2004 der Klettergruppe

Stellvertretend für den Leiter der Klettergruppe berichte ich über das abgelaufene Berg- und Kletterjahr 2004. Sollten nicht alle Aktivitäten vollständig und richtig aufgeführt sein, bitte ich dies zu entschuldigen. An erster Stelle muss gesagt werden, dass alle Mitglieder der Klettergruppe – von kleineren Blessuren abgesehen – wohlbehalten von ihren Touren zurückgekehrt sind. Neben der Harmonie in der Gruppe ist dies sicherlich das wichtigste, wichtiger als Schwierigkeitsgrade, Höhenmeter oder berühmte Gipfel. Leider musste die Klettergruppe aber auch einen herben Einschnitt verkraften. Der Leiter, Peter Retterath, konnte sich aufgrund einer Erkrankung nicht mehr an den Klettertouren beteiligen. An dieser Stelle sei ihm nochmals ganz herzlich gute Besserung und baldiger Wiedereinstieg gewünscht. Seine Erfahrung im Bergsport und seine Führungskompetenz können auf absehbare Zeit nicht ersetzt werden.

Das Kletterjahr begann im Januar traditionell mit dem „Klettern und Schlemmen“-Abend im kuscheligen Kanditurm. Nicht nur in der Halle war es warm, sondern auch draußen. Anders als in den beiden vergangenen Wintern gab es 2004 keine längere Frostperiode. So konnte sich leider nicht genug Eis bilden, um mit Steigeisen und Pickel daran zu klettern. Schade.

Ein voller Erfolg war im Februar wiederum der Kletterworkshop im Kanditurm. Von den zahlreichen Teilnehmern haben sich einige entschlossen, dauerhaft mit uns zu klettern. Dazu kamen im Laufe des Jahres noch weitere Zugänge. Die „Neuen“ bringen frischen Wind und viel Spaß mit in die Gruppe. Es macht einfach Freude, mit ihnen zusammen zu klettern, Erfahrungen weiter zu geben und an ihrer persönlichen Entwicklung teilzuhaben. Mittlerweile haben sich schon alle an den Vorstieg gewagt, teilweise in ihrem ersten Kletterjahr. Respekt!

Werner Klee hat im Februar eine Ski-Tourenwoche in den Alpen organisiert. Als Stützpunkt diente die Jamtalhütte im Silvrettagebiet. Im März absolvierten wir mit elf Teilnehmern das obligatorische Arbeitswochenende auf der Teufelsley. Wie der Name schon sagt, haben wir dann auch „auf Teufel komm heraus“ Brennholz gemacht. Die 15 Meter dürften wieder mal für eine ganze Weile reichen. Danke an Beate für die Zugmaschine, an die professionellen Holzfäller mit ihren Fichten-Mopeds und die übrigen freiwilligen Helfer! Am Sonntag stand dann noch Ausbildung auf dem Programm – Vorstiegstraining und Standplatzbau.

Schon seit einigen Jahren fährt die Klettergruppe in der Woche vor Ostern zum Pistenski-Fahren nach Engelberg in die Schweiz. Diesmal waren 19 KG´ler samt Anhang dabei. Die urgemütliche Trübsee-Hütte bot uns wie immer ein behagliches Zuhause auf Zeit. Dass uns das Essen und der Traubensaft nicht aus ging, dafür hatten zuvor Hermann und Anneliese in bewährter Weise gesorgt. Passables Wetter, viel Neuschnee, diesmal keine ernsthaften Unfälle und eine immer wieder eindrucksvolle, verschneite Bergwelt waren uns vergönnt.

Am verlängerten Fronleichnamswochenende im Juni stand die Kletterfahrt in den Basler Jura auf dem Programm. Das Basislager wurde auf dem Campingplatz Waldhort in Rheinach aufgeschlagen. Teilnehmer waren André, Barbara, Bianca, Birgit, Gerd, Melanie, Norbert, Petra, Werner und ich. Auch Peter und Karin haben kurz vorbei geschaut. Am ersten Tag konnten wir uns in gut abgesicherten Sportkletterrouten an der Schartenflue vergnügen, was bei der drückenden Schwüle allerdings nicht von jedem so empfunden wurde. Der Freitag war dann leider verregnet. Ein Teil der Gruppe wählte als Alternativprogramm eine Stadtbesichtigung mit Besuch der Tut-Anch-Amun-Ausstellung in Basel – sehr lohnenswert. Der andere Teil wollte im Klettergebiet Pelzli die „Steinerne Stadt“ erkunden. Dummerweise ist Barbara bei einer improvisierten Höhlenbefahrung so unglücklich ausgerutscht, dass sie sich einen Finger aufgeschlitzt hat und zum Nähen ins Krankenhaus musste. Zum Glück ist mittlerweile wieder alles gut verheilt! Am Samstag ist der regenresistente Rest der Gruppe noch zur Egerkinger Platte bei Oberbuchsiten gefahren. Blauer Himmel und Sonnenschein haben uns belohnt. Verschiedene Mehrseillängenrouten auf Reibungsplatten bis zum V. Grad und anschließendes Abseilen waren uns nicht nur als Genusskletterei, sondern auch als Übung für längere und alpinere Touren willkommen. Wieder einmal wurde deutlich, wie wichtig Seilkommandos und die Sicherungstechnik sind. Hier gibt es noch einiges zu verbessern. Anschließend haben wir noch ein paar Routen im benachbarten Klettergebiet Klus-Balsthal gemacht. Am Sonntag haben einige von uns auf dem Nachhauseweg einen Abstecher ins Elsass gemacht und in der Nähe von Gueberschwihr den Vogesen-Sandstein unter ihre Klettersohlen genommen.

Im Juli hat sich eine größere Anzahl von KG´lern mit Partnern und Kindern auf der Teufelsley zur Grillfete getroffen. Samstagnachmittags haben wir zunächst intensiv Ausbildung gemacht: seilfreies Gehen in leichtem Klettergelände (Überschreitung der Ley), Hoch-Prusiken am frei hängenden Seil und Standplatzbau. Dazu wurde fleißig geklettert, auch Peter R. konnte wieder aktiv Hand an den Fels legen. Später am Abend haben wir ausgiebig geschlemmt, am Lagerfeuer gesungen, gezecht und diskutiert. Als sich die Letzten in ihre Schlafsäcke verkrochen haben, sind am Himmel schon die Sterne verblasst. Einige Unersättliche mussten am Sonntagvormittag noch mal an den Fels.

Im September stand mit der Brenta-Fahrt sicherlich ein Höhepunkt des Bergjahres 2004 an. Klangvolle Namen wie Campanile Basso, Castelletto Inferiore, Fehrmann-Verschneidung oder Via delle Guide verhießen steile Kletterei in festem Kalkfels mit durchaus alpinem Anspruch. Am Samstag, dem 4.9.2004 machte sich unser bunt gemischter Haufen (Katrin, Norbert, Werner, Birgit, Detlev, Fritz, Ilona, Hermann sowie der Berichterstatter) auf die Reise in die italienischen Dolomiten.

Vom vereinbarten Treffpunkt in Madonna di Campiglio aus ging es mit unwesentlicher Verspätung und mit dicken Rucksäcken bepackt durch das eindrucksvolle Val di Brenta in gut vier Stunden zum Rifugio Pedrotti (2.496 m). Den langen Anmarsch mussten wir in Kauf nehmen, weil die anderen Brenta-Hütten (Tuckett, Alimonta, Brentei) übers Wochenende hoffnungslos ausgebucht waren. Obwohl wir den Termin mit Bedacht ausgewählt hatten: Anfang September ist die Ferienzeit in Italien zu Ende, somit weniger Touristen unterwegs; außerdem ist die Chance, eine stabile Wetterlage zu erwischen und den häufigen Hitzegewittern zu entgehen, relativ groß. Und so kam es auch. Abgesehen von ein paar harmlosen Quellwolken hatten wir an allen sieben Tagen total viel Sonne und sommerliche Temperaturen. Im durchwachsenen Sommer 2004 eine echte Ausnahme, Hoch „Lasse“ sei es gedankt. Offenbar hatte das gute Wetter viele Spontan- und Kurzurlauber in die Berge gelockt. Die Pedrotti-Hütte war jedenfalls rappelvoll. Wegen des anhaltend schönen Wetters waren auch die anderen Hütten die Woche über voll belegt, so dass wir nicht, wie ursprünglich geplant, die Hütte wechseln konnten. Dies jedoch nicht zu unserem Nachteil, wie sich noch zeigen sollte. Genau passend für unsere Gruppe konnten wir ein Lager mit neun Betten (oder besser gesagt: Hängematten mit Matratze drin) unter dem Dach beziehen. Die Sanitäranlagen auf der Pedrottihütte sind einfach, aber ausreichend. Dafür ist das Abendessen mit vier Gängen und mehreren Gerichten zur Auswahl ausgezeichnet. Der Hüttenwirt und sein Personal sind freundlich und hilfsbereit. Der Preis von 31 € für eine Übernachtung mit Halbpension geht noch in Ordnung. Weiterer Pluspunkt: der Hüttenwirt Donini Fortunato ist  selbst ein begeisterter Kletterer. Er hat gleich neben der Hütte einen Klettergarten eingerichtet, der eine Handvoll Ein- bis Mehrseillängenrouten im mittleren bis oberen Schwierigkeitsbereich bietet. So sind auch unsere eher sportklettermäßig orientierten Mitglieder voll auf ihre Kosten gekommen.

Am Sonntag haben wir uns im Klettergarten erst mal eingeklettert, um uns langsam an den Fels und die Umgebung zu gewöhnen. Uns gelingen in wunderbar rauem Kalkfels Sportkletterrouten bis 6a+ rotpunkt. Nachmittags sind wir gleich in die ersten alpinen Klettertouren an der Cima Brenta Bassa (2.809 m) eingestiegen. Ich bin mit Detlev den Pederiva-Kamin (IV, 280 m, ca. 8 SL) geklettert, während Hermann mit Werner und Fritz sowie Katrin und Norbert den Treptow-Kamin (II, 270 m) gemacht haben. Neben der nicht immer leichten Wegfindung verlangt der Abstieg über den Normalweg mit Abseilen und Abklettern von II-er Stellen sogleich volle Konzentration und gute Nerven. Es wird uns schnell bewusst, dass bei alpinen Klettertouren gar nicht so sehr der reine Schwierigkeitsgrad eine Rolle spielt, als vielmehr Orientierungsvermögen, die richtige Taktik und umsichtiges Steigen.

Montag, 06.09.2004: dem Wetterbericht vertrauend sind wir schon um 6 Uhr aufgestanden und in dichtem Nebel zur Cima Margherita (2.845 m) gewandert; unser Ziel war die Videsott-Route. Wider Erwarten klarte es jedoch nicht auf, da half auch längeres Warten am Einstieg nicht. Also wieder zurück zur Hütte, durchgefroren und unverrichteter Dinge. Die nächsten Stunden verbrachten wir etwas unschlüssig mit Sportklettern, Kaffee-Trinken, Schlafen, einer Wanderung zur Agostini-Hütte und – abwarten. Endlich, um 3 Uhr nachmittags lichteten sich die Wolkenschleier. Jetzt schnell das Geraffel gepackt und ab in eine Klettertour! Nicht zu weit weg und nicht zu lang durfte sie sein. Laut Kletterführer empfahl sich hierfür die Gasperi-Route (IV-, 130 m) am Croz del Rifugio (2.516 m), der sich gleich neben der Hütte erhebt. Detlev und Birgit mussten nicht lange überredet werden, um die Tour mit mir anzugehen. Der Kletterführer („Steinkötters Märchenbuch“) versprach „schöne ausgesetzte Kletterei an meist gutem Fels“. Das mit dem schönen Klettern kam auch ungefähr hin. Für die alpine Würze sorgte allerdings Standplatzbau, Wegfindung und Abklettern im II. Grad. Das Ding war für uns drei schon ziemlich anspruchsvoll. Gerade noch rechtzeitig zur Vorspeise des Abendessens (Gerstelsuppe, Gemüsesuppe, Nudel mit Tomatesoße...) sind wir müde und happy zurück.

Am nächsten Morgen zeigt sich das Wetter wieder von seiner besten Seite. Fritz und Ilona sind heute auf dem Bocchette-Weg unterwegs, einem wunderschönen und berühmten Klettersteig im Herzen der Brentagruppe. Wir anderen wollen heute ein ganz besonderes Ziel angehen: den Campanile Basso (2.883 m), auch Guglia di Brenta genannt. Diese ungemein schlanke und steile Felsnadel dürfte jedem Bergsteiger ein Begriff sein. Das „Welträtsel aus Stein“, wie der Berg einmal poetisch genannt wurde, hatte mich schon seit vielen Jahren fasziniert, als ich ihn zum ersten Mal in einem Bildband über die Dolomiten erblickte. Jetzt stehe ich am Einstieg – mit gemischten Gefühlen aus Anspannung und Vorfreude. Der „Normalweg“ ist immerhin 13 Seillängen lang, mit IV/A0 oder rotpunkt V bewertet und gilt als schwierigster Gipfel der Brenta. Die Nadel wurde erst 1899 von O. Ampferer und K. Berger erstbestiegen. Die Schlüsselstellen sind eine kleingriffige, senkrechte Platte kurz nach dem Einstieg („Pooli-Wand“) und in der vorletzten Seillänge noch mal eine ziemlich ausgesetzte, kniffelige Wandkletterei („Ampferer-Wandl“). Dafür wird die Route durch gute Standplätze mit soliden Ringen, über die auch die Abseilpiste verläuft, entschärft. Zwischensicherungen sind in Form alter Nomalhaken vorhanden und müssen durch mobiles Sicherungsmaterial ergänzt werden. Als erste Seilschaft starte ich mit Detlev, dahinter kommt Hermann mit Birgit und Werner. Zum Schluss hat sich noch Katrin mit Norbert eingereiht; sie wollten ursprünglich die Fehrmann-Verschneidung machen, haben dann aber wegen Stau am Einstieg umgeplant. Die Führe über den Normalweg ist unheimlich eindrucksvoll. Über Wände, Stufen, Bänder und Kamine geht es einmal komplett um den ganzen Berg herum, so dass sich immer wieder neue An- und Ausblicke ergeben. Auf dem geräumigen Gipfelplateau machen wir eine längere Rast, läuten die Glocke und tragen uns ins Gipfelbuch ein. Die Aussicht vom höchsten Punkt ist phänomenal. Ich genieße es ganz tief, hier oben zu sein. Auch für die Klettergruppe ein schöner Erfolg – mit drei Seilschaften und sieben Mitgliedern gleichzeitig am Gipfel. Ein weiteres Erlebnis ist die anschließende Abseilfahrt. Teilweise frei schwebend geht es sieben Mal in die Tiefe. Nicht immer ist es einfach, die nächste Abseilstelle zu finden und das Seil vom letzten Standplatz abzuziehen. Als letzte der vielen Seilschaften machen Katrin und Norbert um 19.00 Uhr am Campanile das Licht aus. Das Wetter hat gehalten, alle Schwierigkeiten sind gemeistert, alle waren oben und sind wieder heil unten angekommen. Klettererherz, was willst du mehr?! Abends auf der Hütte sind alle – mit Recht – stolz und aufgeregt und ausgelassen. Die Gefühle nach einer gelungenen anspruchsvollen Klettertour sind nur schwer in Worte zu fassen. Ich nenne es einfach: Glück!

Der nächste Tag, Mittwoch, begrüßt uns wiederum mit traumhaftem Wetter: eine gleißende Sonne am tiefblauen Himmel, Dunst in den Tälern, kaum Quellwolken, nur einige hohe Schleierwolken. Heute gelingt uns endlich die Videsott-Route durch die Südwand der Cima Margherita (V, 280 m, ca. 12 SL). Hermann steigt mit Birgit und Werner vor, danach klettern Katrin und Norbert, das Schlusslicht bin ich mit Fritz und Detlev. Auch wenn wir heute die einzigen Seilschaften in der Wand sind, brauchen wir durch die Wartezeit an den Standplätzen doch wesentlich länger, als im Führer angegeben. Ist aber wegen der stabilen Verhältnisse kein Problem. Die Route erweist sich als typische Brenta-Kletterei: steil, ausgesetzt und spärlich abgesichert. Aber auch mit schönen Kletterstellen in rauem, festem Kalkstein. Hermann findet mit sicherem Gespür den richtigen Weg durch die manchmal unübersichtliche Wand. Ab und zu zeigt uns eine alte Rostgurke oder ein verwitterter Holzkeil, dass wir noch in der richtigen Route sind. Die Standplätze sind meistens verbesserungsbedürftig, manchmal auch selbst zu bauen. Die lange Kletterei in der Mittagsonne verlangt wieder hohen Einsatz von jedem von uns. Einmal haben wir großes Glück, als ein größerer Stein, von uns selbst ausgelöst, aus vielleicht 20, 30 Metern Höhe herabfällt, direkt neben uns an der Wand aufschlägt und mit lautem Knall zerbirst. Einige Splitter treffen noch meinen Helm und den Rucksack von Fritz. Der üble Schwefelgeruch von zertrümmertem Stein steigt mir in die Nase. Schlagartig wird uns wieder die Ernsthaftigkeit unseres Hobbys bewusst. Vom Gipfel aus genießen wir dann die Rundsicht auf Cima Tosa, Crozzon, Cima Brenta Alta und die bereits von uns bestiegenen Gipfel Cima Brenta Bassa und Campanile Basso. Die Gipfel sind so nah, dass wir den anderen Bergsteigern auf ihnen zurufen und zuwinken können. Später noch mal eine Schrecksekunde: Fritz rutscht beim Abstieg in einer steilen Geröllrinne aus, kann sich aber wieder fangen. Glücklicherweise ist nichts passiert. Die Abstiegsroute über den Normalweg (II) ist durch Steinmänner gut markiert. Sie führt zunächst über abzukletternde Felsstufen, dann über Schrofengelände und zuletzt ein steiles Schneefeld hinab zu unserem Rucksackdepot am Einstieg. Unsere Reserven sind erschöpft und die Füße schmerzen von den engen Reibungsschuhen. Aber wir sind froh und beschließen einen weiteren tollen Bergtag bei rotem Wein und bester Stimmung im gemütlichen Rifugio.

Am nächsten Tag lassen wir es etwas ruhiger angehen. Nach vier Tagen geht uns langsam die Motivation aus, sich in das nächste alpine Abenteuer zu stürzen. Das Wetter will einfach nicht schlecht werden und so beschließen wir als Alternativprogramm, ein Stück des Klettersteigs „Via alta di Bocchette“ abzulaufen. Aus dem geplanten Ruhetag wird ein anstrengendes Auf und Ab über Eisenleitern, Schneefelder und steilen Fels. Belohnt werden wir dafür mit einer wirklich eindrucksvollen Berglandschaft, in die der Brentanebel immer neue mystische Stimmungsbilder zaubert. Wir sind begeistert! Immer wieder bleiben wir stehen, schauen und staunen. Merkwürdig, aber beim Klettern nehmen wir oft gar nicht wahr, wie schön die Bergwelt um uns herum ist. Hermann hat sich abgesetzt und genießt einen faulen Hüttentag. Ilona und Fritz, der von Schmerzen in der Leistengegend geplagt wird, sind zur talnahen Casinei-Hütte abgestiegen und verbringen die letzten zwei Tage mit Wandern.

Am Freitag, dem letzten Tag auf der Pedrotti-Hütte, stehen die berühmte Fehrmann-Verschneidung am Campanile Basso oder der nahe Klettergarten zur Debatte. Wir entscheiden uns für stressfreies Genussklettern. Irgendwie ist aus uns allen die Luft heraus. Ein weiterer Tag mit traumhaftem Wetter von Sonnenauf- bis –untergang wird uns geschenkt. Vorm Abendessen setze ich mich ein wenig von der Hütte und der Gruppe ab und lasse die vergangenen Tage innerlich Revue passieren. Ich bin total erleichtert, dass alles gut gelaufen ist und keine Unfälle passiert sind. Lag doch ein Großteil der Verantwortung für die ganze Gruppe auf meinen Schultern. Die Gruppe hat toll zusammen gehalten, nein, mehr noch, sie ist ein gutes Stück weiter zusammen gewachsen. Als ich noch mal in die Runde blicke, die stolzen Gipfel abzähle, die wir erklommen haben, steht mir – ich will es nicht verhehlen – das Wasser in den Augen. Die Brenta-Fahrt wird uns allen sicherlich noch lange und in guter Erinnerung bleiben. Am Samstag steht uns nur noch der lange Abstieg nach Madonna di Campiglio bevor. Detlev hatte sich gestern Nachmittag schon verabschiedet, er ist am selben Tag noch nach München gefahren. Fritz und Ilona erwarten uns weiter unten an der Casinei-Hütte. Zusammen geht es das letzte kurze Stück bis zu den Autos und dann ab nach Hause.

Wie bereits im vergangenen Jahr trafen wir uns im Oktober zum Wandern im Ahrtal. Die Strecke von Altenahr zum Steinerberghaus zeigte uns wieder einmal, dass auch die Heimat einiges an felsiger Naturschönheit bietet – klein, aber fein. Beschlossen wird das Jahresprogramm traditionell mit der Herbstwanderung der Aktiven und der „Uhus“. Diesmal führt uns Horst Schlich durchs Maifeld bei Bassenheim.

Auch außerhalb des offiziellen Sektionsprogramms waren die Mitglieder der Klettergruppe im Jahr 2004 höchst aktiv. In der gebotenen Kürze und ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind hier zu erwähnen: Norbert absolvierte eine 24 Stunden / 50 km-Wanderung vom Tegernsee zum Achensee, außerdem bestieg er „Deutschlands höchste Zinne“ über Reintal und Höllental. Er und Beate überquerten zusammen mit Arno und Klaus die Alpen mit dem Mountainbike. Hermann startete, ebenfalls per Mountainbike, zur großen Dolomitenrundfahrt Richtung Langorai, Pale di San Martino, Marmolada, Langkofel, Rosengarten und Latemar. Gemeinsam mit Achim, Michael und Toni brachte er in sieben Tagesetappen 14 Pässe, 12.000 Höhenmeter und 318 Kilometer hinter sich. Katrin war zum Wandern im Wallis, zum Trekken in Island und auf Ski-Tour in Norwegen. Melanie verdiente sich ihre ersten alpinen Klettersporen an der Schartenspitze (3-, 6 SL) im Blaueisgebiet. Weiterhin war sie auf dem CTA-Wanderweg am Monteviso/Italien und auf einer Hüttentour im Allgäu unterwegs; eine Watzmann-Überschreitung musste sie leider abbrechen. Birgit hat bei einer Hochtourenwoche im Wallis dünne Luft geschnuppert und einige hohe Gipfel bestiegen, wie Weißmies (4.023 m) und Allaninhorn (4.027 m). Im Herbst fliegt sie für eine Trekkingtour nach Nepal. Pünktlich zum 200. Jahrestag der Erstersteigung des Ortlers (3.905 m) hat Gerd eine Tourenwoche auf den höchsten Berg Tirols organisiert. Mit von der Partie sind Petra, Heinz, Werner, Fritz, Peter F. und ich. Über den Normalweg (II, Firn bis ca. 40 Grad) erreichen sechs von uns bei bestem Wetter den Gipfel. Zur Akklimatisation wurden zuvor schon der Hohe Angelus (3.521 m) und die Tschengelser Hochwand (3.375 m) im gegenüber liegenden Zaytal bestiegen. Die nächsten zwei Tage verbringen Fritz, Werner und ich mit Plaisir-Klettereien im Granit am Grimsel- und Furkapass. Gerd und Peter F. wollen während dessen aufs Täschhorn (4.491 m) im Wallis. Nur Peter erreicht den Gipfel, Gerd hat Probleme in der Höhe und muss umdrehen. Ganz in der Nähe sind am Vortag vier österreichische Bergsteiger beim Abstieg vom Täschhorn durch ein tragisches Unglück, vermutlich ein Mitreißunfall, ums Leben gekommen. Stefan, das „Küken“ der Klettergruppe, erweist sich ebenfalls als Alpinist und besteigt im Monte-Rosa-Gebiet mit seiner Familie die 4.000er Castor, Pollux, Lyskamm Westgipfel und Breithorn. André und Astrid absolvieren im Juni auf der Turtmannhütte im Wallis den Grundkurs Eis und besteigen das Bishorn (4.153 m). Im August verbringen sie einen Familien-Kletter-Wander-Bade-Urlaub in Korsika. Peter und Karin genießen im Spätsommer eine Woche mit Wandern und leichten Klettertouren in den Berchtesgadener Alpen. In demselben Gebiet war auch Martin mit seiner Familie unterwegs. Sohn Marius tritt in die Fußspuren seiner Eltern und erklimmt im zarten Alter von sechs Jahren bereits den Aggenstein (1.985 m) auf eigenen Füßen und Händen. Tags darauf umrunden die drei noch den 1.875 m hohen Geiselstein. Detlev besucht im Winter das Alpinzentrum Rudolfshütte (2.315 m) in den Hohen Tauern. Da das Eis an der Staumauer schon zu mürbe ist, ist anstelle von Eisklettern Schneewandern angesagt. Im Sommer sieht man Detlev mit seinen Münchener Kollegen im Wetterstein auf dem Sebener Klettersteig am Tajakopf und an den Sonnenplatten bei Arco. Werner N. feiert mit seiner Bergwandertruppe mittlerweile das 10-jährige Jubiläum. In diesem Sommer waren sie vier Tage lang in den Dolomiten an der Sella unterwegs. Die geplante Besteigung der Marmolada ist leider einem Schlechtwettereinbruch zum Opfer gefallen. Im Oktober fahren Werner, Sybilla, Fritz und Ilona für ein paar Tage in die geliebte Provence. Auf dem Programm steht u. a. die Erkundung eines uns noch unbekannten Klettergebietes in den Alpilles. Fritz hat sich für den Bergsommer fit gemacht, indem er eine 1.000 km-Runde durch Be-Ne-Lux geradelt ist. Ich selbst bin mit Gudrun, Heino, Martin und Angela dem „Klettergeheimnis“ (4+, 600 m, 19 SL) im Wilden Kaiser auf den Grund gegangen. Mit meiner Frau und zwei Freunden besuchte ich die Uina-Schlucht und die Wandergipfel im Bereich der Sesvenna-Hütte (2.256 m) im Vinschgau/Südtirol.

Zu erwähnen wäre noch, dass wir, meistens in kleineren Gruppen, die verschiedenen Klettergebiete in der engeren und weiteren Umgebung besucht haben, wie Pfalz, Morgenbachtal, Kirn, Gerolstein und Berdorf. Erstmals sind wir auch am Rotenfels bei Bad Münster am Stein geklettert, der wegen seines extrem brüchigen Gesteins berüchtigt ist (Glockengrat, III+, 5 SL). Im heimischen Klettergebiet Ettringen/Kottenheim sind wir regelmäßig unterwegs gewesen. Die alten Steinbrüche bilden den Schwerpunkt unserer Aktivität und sind unser bergsportliches „Zuhause“. Neben den altbekannten konnten wir auch einige neu eingerichtete Touren klettern. Die nimmermüden Routenerschließer sorgen dafür, dass es dort immer wieder Neues zu entdecken gibt. Für ihre uneigennützige Arbeit sei Alex, Hendrik, Andi, Thomas, Robert, Gereon, Dirk, Marc und den anderen Erschließern einmal ganz ausdrücklich Danke gesagt. Im Schwierigkeitsbereich konnten wir uns mit den Routen „Progressive Retardierung“ und „Im Taumel der Triebe“ wiederum bis im unteren achten Grad behaupten. Das wöchentliche Klettertraining im Winter und bei schlechtem Wetter fand wie immer im Kanditurm bei Andernach statt. Daneben haben wir aber auch andere Kletterhallen in den benachbarten Städten Köln, Frankfurt und Kirchberg besucht.

Beschließen möchte ich den Jahresbericht 2004 mit dem Dank an alle Mitglieder, die durch ihr Zutun die Kletterfahrten und sonstigen Aktionen der Klettergruppe ermöglicht haben und die für das gemeinsame Ziel Verantwortung übernommen haben. Neben den aufgeführten Touren zeigt meines Erachtens die Tatsache, dass niemand ernsthaft verletzt wurde und die Gruppe wieder einen konstanten, hohen Mitgliederstand aufweist, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Auch wenn wir uns einem gesunden sportlichen Ehrgeiz nicht ganz verschließen können, so steht doch der Klettergenuss und das gemeinsame Unterwegs-Sein im Vordergrund unserer Aktivitäten. Wenn sich jemand durch unser Programm angesprochen fühlt und einmal mit uns klettern will, dann ist er jederzeit herzlich willkommen. Schaut einfach mal unverbindlich bei der Klettergruppe vorbei!

 

Peter May