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Durch die Bergeller Südtäler auf dem Sentiero Roma

03.07.2023

Durch die Bergeller Südtäler auf dem Sentiero Roma

Dieses Jahr sind wir zu Beginn der Bergsaison in die Alpen gestartet. Am 4. Juli 2023 fuhren

Hilde, Christian, Thomas, Reinhard und Wolfram pünktlich mit dem Zug in Koblenz ab.

Durch die Bergeller Südtäler auf dem Sentiero Roma
Dieses Jahr sind wir zu Beginn der Bergsaison in die Alpen gestartet. Am 4. Juli 2023 fuhren
Hilde, Christian, Thomas, Reinhard und Wolfram pünktlich mit dem Zug in Koblenz ab. Der Umstieg im Frankfurter Hauptbahnhof in einen schnittig aussehenden italienischen Zug klappte auch. Ohne weitere Umstiege erreichten wir mit 70 Minuten Verspätung Chiasso und waren froh nach der langen Fahrt in den engen Sitzen unsere Beine ausstrecken zu können. Mit einem Zug später als geplant ging die Fahrt weiter über Monza nach Colico. Hier erwarteten uns schon Wilhelm und Ulrich, die aus München mit dem Auto angereist waren. Zusammen gingen wir zu unserer Unterkunft Hotel Aurora und wurden von Angela begrüßt. Sie empfahl uns am Hafen von Colico am Comer See zum Essen zu gehen. Mit der Pizza, den Getränken und dem Blick auf den See waren alle zufrieden, die Wetteraussichten für die nächsten Tage waren gut und so freuten wir uns auf die bevorstehende Bergtour.

Novate Mezzola Rif. Brasca (5:34 h; 13,0 km; 1228 Hm; -144 Hm). Start 10:07
Nach dem Frühstück deponierten wir überschüssiges Gepäck in unserer Unterkunft, marschierten zum Bahnhof und fuhren nach Novate Mezzola (212 m). Es herrschten heiße sommerliche Temperaturen und so waren wir froh hinauf in die Berge zu kommen. Wir durchquerten das Dorf und kamen zu einem Bergpfad, der in Serpentinen und zahlreichen Stufen steil zum Bergdorf Codera (815 m) führte. Von dem Bergpfad gab es herrliche Ausblicke auf die alpine Landschaft und den Comer See. Codera ist noch ständig bewohnt und nicht mit dem Auto erreichbar. Man sagte uns, dass dies für die Alpen einmalig ist. Nach einer ausgiebigen Pause an einem schattigen Platz vor “La Locanda“ wanderten wir auf bequemen Waldwegen weiter. Wir kamen vorbei an zahlreichen gepflegten Stein-Häusern, errichtet im Stil der Umgebung. Gegen Nachmittag erreichten wir Rifugio Brasca (1304 m). Wir waren die einzigen Gäste, wurden herzlich aufgenommen und Mirco erzählte uns von der Geschichte der Gegend. Um die Unterkunft gab es weitere Häuser, die inmitten einer Waldlichtung lagen. Das Rifugio Brasca hat noch die Einfachheit alpiner Unterkünfte bewahrt mit Waschgelegenheit außerhalb am Trog. Es ist schön, dass es so etwas noch gibt. Zu essen gab es ein 3-gängiges Menu, wie es auf italienischen Berghütten üblich ist.

Rifugio Brasca - Rifugio Gianetti (7:12 h; 8,1 km; 1430 Hm; -187 Hm). Start 8:28

 

Das Rifugio Brasca war die letzte Ansiedlung kleiner Häuser und so ging es von der Hütte auf einem steilen Waldpfad los. Während einer kurzen Pause teilte uns Wilhelm mit, dass ihm unwohl ist und er die Tour abbricht. Er sah sich in der Lage allein zurückzugehen. Wir wurden über seine Ankunft im Rifugio Brasca informiert und waren erleichtert, als er wieder gut in unserer Unterkunft in Colico angekommen war. Mit zunehmender Höhe wurden die Bäume immer weniger und bald war die Baumgrenze erreicht. Passo del Barbacan (2598 m) war zu erkennen und so planten wir dort oben eine längere Mittagspause zu machen. Der Weg war durchgängig markiert. Es musste aber genau aufgepasst werden, da es Strecken mit längeren Unterbrechungen der Wegmarkierungen gab. Als wir auf dem Pass angekommen waren blies ein kräftiger Wind, dunkle Wolken zogen auf und es fing leichtes Gewittergrollen an. So beschlossen wir die längere Pause zu verschieben und hofften die Hütte noch vor dem einsetzenden Regen zu erreichen. Die Hütte war zwar schon zu sehen in einer weiten Karschüssel, aber es war doch erforderlich, dass wir unsere Regenkleidung anzogen. Reinhard und Ulrich hatten eine Felsnische gefunden, in der sie ihre Mittagspause machten und den Proviant aus ihrem üppigen Vorrat verzehrten. Die anderen strebten aber zügig zur Hütte, um dort im Trockenen die Entwicklung des Wetters abzuwarten. Das Rifugio Gianetti war gefüllt mit jungen Bergsteiger*innen, die Klettertouren oder den Aufstieg zum Piz Badile geplant hatten. Der Blick von der Hütte war herrlich und durch den ständigen Wechsel von Regen und Sonnenschein konnte man herrliche Regenbögen beobachten.

Rifugio Gianetti - Rifugio Allievi (8:02 h; 11,6 km; 598 Hm; -751 Hm) Start 8:18

Die Betreiber der Hütte waren freundlich, das Essen gut und auch wurden uns die guten Wetteraussichten der nächsten Tage bestätigt. Wir trafen auch eine Bergsteigerin, die den Sentiero Roma kannte und sich an keine größeren Schwierigkeiten erinnern konnte. So starteten wir bei schönem Wetter zu den 3 Pässen, die zu überqueren waren. Beim steilen Aufstieg auf den Pass sahen uns Steinböcke zu. Der Steig über den Passo Camerozzo (2765 m) war mit Ketten gesichert und ohne Eigensicherung gut zu bewältigen. Nach der Wegbeschreibung ist diese Überquerung die anspruchsvollste des Tages und so gingen wir zuversichtlich weiter zum Passo Qualido (2647 m). Auch diesmal waren Felsblöcke zu überwinden. Der Steig war aber deutlich flacher gegenüber dem vorherigen Pass. Auf dem Weg durch das Kar zum Passo Qualido leuchtete unterhalb des Weges ein rotes Biwak in der endlosen Gesteinswüste. Auch der Steig über den Passo dell´Averta (2540 m) war einfach und von dort war auch das Tagesziel, Rifugio Allievi zu erkennen. Der Weg dorthin zieht sich allerdings, da viele steile Einschnitte umgangen werden mussten, die auch auf der Karte nicht zu erkennen waren. In der Hütte waren wenige Gäste. Wir trafen ein Schweizer Paar, das auf dem Sentiero Roma in entgegengesetzter Richtung unterwegs war. So tauschten wir uns über die Wegbeschaffenheiten aus. Die Hüttenbetreiber versorgten uns gut mit Essen und den notwendigen Informationen, da es bei der inmitten im Kar gelegenen Hütte kaum möglich war mit dem Smartphone zu kommunizieren. WLAN gab es auch nicht und so hatten wir viel Zeit die wunderschöne Bergwelt zu bestaunen.

Rifugio Allievi - Rifugio Ponti (10:57 h; 12,2 km; 1171 Hm; -982 Hm). Start 7:34

Diese Etappe war nach der Beschreibung die längste mit der anspruchsvollsten Passüberquerung. Somit gab es überzeugende Argumente früher wie sonst aufzubrechen, und wir schafften es schon um 7:30 Uhr loszuwandern. Es war anfangs noch wolkenverhangen. Vorsichtshalber zogen wir Regenbekleidung an, die aber schnell wieder abgelegt werden konnte. Der erste Passo Val Torrone (2518 m) war kurz und knackig. Hier hätte Ulrich beinahe einen Stock verloren, der aber geholt werden konnte. Dies war für den weiteren Verlauf der Tour wichtig, um gut über die Felsbrocken zu gelangen, die auf dem Weg lagen An einer Stelle war der ursprüngliche Weg wegen Absturzgefahr gesperrt, sodass diese Stelle im Abstieg umgangen werden musste. Dann führte der Weg zum höchsten Punkt der Bergtour dem Cameraccio (2950 m). In Sichtweite des Bivacco Manzi, inmitten eines im Felsen entstandenen Amphitheaters machten wir Rast und stärkten uns für die Überquerung. Es mussten Schneefelder durchquert werden, in die einfach Tritte mit den Schuhen geschlagen werden konnten. Vor dem Gipfel musste ein steiler Steig an Ketten überwunden werden. Oben angekommen war ringsherum Schnee. Wir blickten in ein weites, riesiges, flaches Kar und konnten in der Ferne den letzten Pass für den Tag erahnen. Der Weg ist mit voller Konzentration gut zu gehen und immer wieder musste über Felsbrocken gegangen, gesprungen, getanzt oder was auch immer werden. Auch kam in Sichtweite die stolze Pyramide des Monte Disgrazia (3678 m), der oft als erster Berg vom Nebel umhüllt ist. Die Gesteinswüste im Talschluss des Val di Mello scheint kein Ende zu nehmen. Am Bivacco Kima (2700 m) planen wir eine Vesperpause. Hier werden wir von einem allein herumstreifenden Steinbock mit riesigen Hörnern empfangen, der sich allerdings zurückzieht und bald in der Steinwüste nicht mehr auszumachen ist. Das Wetter ist gut, und wir versuchen die Scharte zu erkennen, die es zu überqueren gilt. Weiter geht es über Blockfelder und kleinere Schneefelder zum Fuße der Brochetta Roma (2898 m), deren Überquerung als Schlüsselstelle der Tour beschrieben ist. Der Aufstieg ist kurz und steil, erfordert nochmal volle Konzentration und kann aber im Wesentlichen mit den Beinen erklettert werden. Oben angekommen sehen wir Rifugio Ponti (2559 m), unser Tagesziel im Abendlicht. Die Hütte scheint greifbar nah, aber die Überwindung der Blockfelder im Abstieg erfordern Konzentration, Kraft und Zeit. Es ist Samstag, und die Hütte ist bis auf den letzten Platz belegt. Wir heben deutlich den Altersdurchschnitt. Viele planen am Sonntag auf den Monte Disgrazia zu Klettern. Rechtzeitig zum Beginn des Abendessens ist unsere Gruppe komplett in der Hütte. Auch hier wird Radler angeboten und ein gutes Abendessen serviert mit Nachschlag. Wir haben auf den Hütten die verschiedensten Formen von Risotto kennengelernt und alle haben geschmeckt.

Rifugio Ponti - Rifugio Bosio (5:23 h;6,5 km; 301 Hm; -804 Hm) Start 8:55

Das Frühstück wurde in Etappen angeboten. Da wir einen anstrengenden Tag hinter uns und eine kurze Strecke vor uns hatten, passte uns der letzte Termin. Nachdem wir uns ausreichend am italienischen Berghütten Buffett gestärkt hatten, starteten wir um 9 Uhr. Auf der schattigen Westseite stiegen wir zum Passo di Corna Rossa (2836 m) wieder über Blockfelder und wer Spaß hatte über Schneeflecken. Plötzlich war in weiter Ferne das laute Grollen eines Steinschlags zu hören, aus der Richtung des Gletschergipfels Monte Disgrazia. Die Staubwolke konnte noch eine viertel Stunde beobachtet werden. Der Felssturz war außerhalb des Gipfelaufstiegs, aber es wurde uns bewusst, dass im alpinen Gelände mit solchen Ereignissen immer gerechnet werden muss. Wir waren dankbar, dass wir dies aus großer Entfernung erlebt hatten.

Oben am Pass angekommen wurden wir von strahlendem Sonnenschein begrüßt und machten Pause beim Rifugio Desio, das wegen Einsturzgefahr geschlossen werden musste. Übersetzt heißt der Pass Rote Hörner passend zu der roten Felslandschaft im Gegensatz zu dem Gestein der vergangenen Tage. Auf der Ostseite des Passes führte der Wege über bunte Blocksteine im Talboden des Vialle Airale hinab. Der Weg schien kein Ende zu nehmen. Allmählich säumten Bäume den Weg und wir kamen an den türkisfarbenen Torragio-Bach. Am frühen Nachmittag erreichten wir das Rifugio Bosio (2086 m), auf deren Gartenterrasse noch viele Sonntagsausflügler saßen. Nachdem wir uns gestärkt, unser Zimmer bezogen hatten, erkundeten wir die Umgebung, und erfrischten uns im nahegelegenen Bach an der Hütte. Nach dem Abendessen tranken wir zum Abschluss nach Lust und Laune Rotwein.

 

Rifugio Bosio -  Rifugio Ventina (8:22 h; 12,51 km; 1025 Hm; -1131 Hm) Start 7:27

Die weitere Etappe des Sentiero Roma würde in 3 h unspektakulär bergab nach Chiesa führen. Wir entschieden uns daher noch nach Norden über einen weiteren Pass zu gehen. Dies war auch eine längere Etappe, und so starteten wir wieder früh. Da Christian Knieprobleme hatte, entschied er sich nach Chiesa abzusteigen, mit dem Bus nach Chiareggio zu fahren und von dort unschwer zur Hütte aufzusteigen. Unser Weg führte auf Bergpfaden über verschiedene Alpen bis hinab zur Alpe Giumellino (1780 m). Nach einer kurzen Pause ging es von dort hinauf. Bei den Seen di Sassersa (2346 m) legten wir eine Badepause ein. Das Bad in dem See war erfrischend, aber wegen der geschätzten einstelligen Temperatur nur kurz. Entlang des Bergpfades über Felsbrocken waren Katzenaugen befestigt, sodass vermutlich diese Strecke auch in der Dunkelheit zurückgelegt wird. Dies hätte für uns allerdings keinen Reiz, da man dann die schöne Landschaft nicht genießen könnte. Nach weiteren 300 Hm erreichten wir den Passo Ventina (2675 m), machten eine kurze Pause und genossen die herrliche Aussicht bei schönstem Sonnenschein. Der Abstieg erforderte auch volle Konzentration über steile rutschige Pfade. Zum Talboden konnte über ein Schneefeld abgerutscht werden. Der Weg zu unserer Unterkunft führte entlang einer Bachlandschaft. Auf der schattigen Terrasse begrüßte uns Christian, der nach Chiesa in Autos mitgenommen wurde, so auch den ersten Bus erreicht hat und kurz vor Mittag auf der Hütte angekommen war. Frisch geduscht ließen wir den Abend nach gutem Essen ausklingen. Am nächsten Tag nahmen wir Abschied vom Bergell. In einer guten Stunde erreichten wir Chiareggio und stiegen in den Bus ein. In Chiesa legten wir einen Zwischenstopp ein, und über Sondrio ging es immer weiter bergab nach Colico. In der Unterkunft wurden wir freundlich begrüßt und mit Wilhelm tauschten wir die Erlebnisse der letzten Woche aus. Es war sehr heiß und der badewannenwarme Comer See bot wenig Erfrischung. Zu Abend aßen wir wieder in der Pizzeria am Hafen, bevor es am nächsten Tag mit Auto bzw. Zug zurück ging. Alle haben die Bergtour in guter Erinnerung behalten. Es hat Spaß gemacht auf den Bergpfaden, Klettersteigen durch die grandiosen Südtäler der Bergeller Alpen zu wandern und zu klettern. Wir sind dankbar, dass das Wetter zum guten Gelingen mit beitragen hat und wir alle heil angekommen sind.

Wolfram