Ortler Hintergrat Ansicht | © DAV Koblenz

Ortlergruppe im Schnelldurchgang

Der eine vom Hochtourenkurs gut akklimatisiert, der andere gerade aus der Corona Quarantäne frei getestet - unterschiedlicher konnten die Voraussetzungen nicht sein, als wir uns zur gemeinsamen Weiterfahrt in Kufstein trafen.

Wir starteten in Sulden bei einsetzendem Regen und ca. 1,5 Stunden später waren wir völlig durchnässt auf der Hintergrathütte beim Abendessen. Den restlichen Abend verbrachten wir damit, unsere Ausrüstung und Klamotten vor dem Ofen zu trocknen.

Am nächsten Tag ging es nach einem ausgedehnten Frühstück los. Vorbei an der zu dieser Zeit geschlossenen Schaubachhütte, zunächst über die apere Gletscherzunge und dann weiter über immer sulziger werdenden Schnee zur Suldenspitze. Der kurze Abstieg zum Rifugio Casati führte uns an alten Geschützstellungen aus dem ersten Weltkrieg vorbei.

Am darauffolgenden Tag nahmen wir einen weiteren Bergsteiger, dessen Tourenpartnerin kurzfristig abgesprungen war, in unsere Seilschaft mit auf. Nach kurzer Abstimmung starteten wir über den langsam ansteigenden Gletscher in Richtung Monte Cevedale. Wir hatten bei der Tourenplanung am Vorabend schon damit geliebäugelt, etwas abseits des Normalweges aufzusteigen. So bogen wir nach genauerer Betrachtung in die Westflanke der Zufallspitzen ein und stiegen in direkter Linie auf den Grat auf. Über die Randspalte zunächst durch hüfttiefen Schnee und die letzten 60 Höhenmeter gesichert über Blankeis. Der Aufstieg auf den Grat stellte sich etwas schwierig dar. Der Fels war so brüchig, dass wir nur einzeln und mit großem Abstand zueinander voran kamen - Sicherungen zu legen war hier nahezu unmöglich. Im weiteren Verlauf ging es über den Grat abwechselnd über Schnee und Fels erst zur Hinteren Zufallspitze und dann zum Monte Cevedale. Die sonst sehr dichte Wolkendecke gab uns hin und wieder einen kurzen Blick auf unsere Tour und die umliegenden Gipfel frei. Der Abstieg erfolgte in kurzer Zeit über den Normalweg. So waren wir zum frühen Mittag wieder auf der Hütte und verabschiedeten uns von unserem zeitweisen dritten Seilpartner. Für uns zwei ging es nach einer kurzen Stärkung über den Weg vom Vortag wieder zurück zur Hintergrathütte.

Nach einer kurzen Nacht ging es um halb vier zum Frühstück und um kurz nach vier starteten wir, wieder mal als letzte Gruppe, zum Einstieg des Hintergrats in Richtung Ortler. Den Stirnlampen der vorrausgehenden Gruppen folgend, waren wir gegen sechs Uhr bei herrlichem Sonnenaufgang auf dem Grat angekommen. Der abwechslungsreiche Aufstieg führte uns mit toller Gratkletterei über knapp 1300hm Aufstieg an das Gipfelkreuz des 3905m hohen Ortlers. Nur der sehr starke Wind war in manch exponierter Kletterstelle eine besondere Herausforderung. Um 09:30 Uhr ging es vom Gipfel aus über den Normalweg zur Julius Payer Hütte und nach einem wohlverdienten Bier weiter ins Tal nach Sulden, von wo wir am Abend noch die Heimreise angetreten haben.

Was bis dahin noch fehlte, war die Pizza in Südtirol. So hielten wir nach ca. 30km Fahrt kurz vor dem Rechensee an und konnten mit Blick auf den Ortler zu Abend essen.

Joel Walderbach & Adrian Fey