Gletscher Gnifetti Hütte | © DAV Koblenz

Spaghetti-Tour 2023

Tag 1 Täschalp- Täschhütte Aklimatisierungstour:
Endlich ist der Tag der Tage, kaum geschlafen geht es morgens um halb 3 los, ab in die Schweiz. Über die Autoverlade geht es nach Täsch. Geparkt wird an der Täschalp und rauf gehts zur Täschhütte. Nach einer kleinen (teuren) Stärkung und einem kurzen Sonnenbad gehts rauf auf den Wissgrat (3194m). Vom Wissgrat zurück auf der Hütte lassen wir den Abend entspannt ausklingen.

 

Tag 2 Täsch - Zermatt - kleines Matterhorn - Breithorn - Rifugio Guyde d‘Ayas:
Am Morgen gehts wieder runter zur Täschalp und von dort nach Zermatt. An Luxusgeschäften vorbei spazierend, gehts für uns, entgegen unserer eigentlichen Vorstellung von Bergsteigen, zur kleinen Matterhornbahn. Auf dem kleinen Matterhorn angekommen, gehts für uns auf die Skipiste Richtung Breithorn, unserem ersten 4.000er. Nach der Besteigung des Breithorns (4164m) geht es über den spaltenreichen Gletscher zur Rifugio Guide d‘Ayas. Dort angekommen hat den Großteil unserer Gruppe die Höhenkrankheit erwischt. Unter Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit leidend, machen wir uns erst mal ins Bett. Nach einem kurzen Schlaf und der Einnahme von Schmerzmitteln lässt sich das Abendessen so langsam genießen.
Nach und nach sind alle wieder auf der Höhe, doch der zweite Dämpfer folgt: die Wetteraussichten für den kommenden Tag sind superschlecht. Nach langem Überlegen entscheiden wir uns dazu, am nächsten Morgen um 6 Uhr aufzustehen und über den Abstieg ins Tal an die nächste Hütte zu kommen, statt über Pollux und Castor.



Tag 3 Guide d‘Ayas - Rifugio Quintino Sella:
Am nächsten Morgen werden wir von Gewitter und starken Regenfällen geweckt. Während wir bei Schnee und Hagel in der warmen Hütte am Frühstücken sind, kehren nach und nach die Gruppen, die ihr Glück frühmorgens versucht hatten, patschnass zurück. Ein dauerhaftes Kontrollieren der Karte und des Wetterberichts und die entmutigenden Worte des Hüttenwirts „heute steigt keiner auf und keiner ab“ dämpfen unsere Stimmung. Um 10 Uhr fassen wir den Entschluss, uns zum Abstieg ins Tal zu begeben und dort zu gucken, ob ein Aufstieg zur nächsten Hütte machbar ist. Doch der Wettergott meint es gut mit uns. Bei leichtem Gewitter mit Regen und einem kurzen Hagelschauer schaffen wir es auf die nächste Hütte: Rifugio Quintino Sella.



Tag 4 Rifugio Quintino Sella - Passo del Naso - Rifugio Gnifetti:
Am nächsten Morgen starten wir im Nebel zum nächsten 4.000er del Naso (4100m). Entspannt gehen wir über den Gletscher und freuen uns, als die Sonne den Nebel durchbricht und der pfeifende Wind die Wolken vertreibt. Nach einer kurzen Kletterpassage mit Steigeisen kommen wir zur Eisflanke. Anders als gehofft, besteht die 45 Grad Flanke nicht aus schönem Firn, sondern aus reinem Eis. Nach kurzem Überlegen steigt Adrian vor und setzt ein Fixseil, an dem wir alle den Passo del Naso besteigen. Oben angekommen, verheißen die Wolken ein nahendes Gewitter. Um auf Nummer sicher zu gehen, lassen wir den vor uns liegenden Gipfel liegen und machen uns auf direktem Weg zum Rifugio Gnifetti.



Tag 5 Rifugio Gnifetti - Vincent Pyramide - Balmenhorn - Rifugio Gnifetti:
Ein tosender Sturm hielt uns die Nacht auf Trapp, und bleibt auch am Morgen stetig. Nichtsdestotrotz wollen wir uns vom Wetter nicht noch einmal zwei Gipfel nehmen lassen. Warm eingepackt machen wir uns also bei tosendem Sturm in Richtung Vincent Pyramide (4215m). Langsam kämpfen wir uns den Gletscher hoch. Bis auf eine Seilschaft vor uns, drehen alle Seilschaften um, sie kommen uns mit gefrorenen Augenbrauen entgegen und unser mulmiges Gefühl wird immer größer. Doch der Weg ist gut sichtbar, uns geht es allen gut, von daher führen wir unsere Tour weiter. Auch heute meint der Wettergott es gut mit uns, der Sturm lässt nach und am zweiten Gipfel, dem Balmenhorn (4167m) können wir die Aussicht in vollen Zügen genießen.
Nach einer kleinen Mittagspause im Biwak machen wir uns wieder auf den Heimweg zum Rifugio Gnifetti. Riesige Gletscherspalten zieren den Weg. Da das Wetter super ist, nutzen wir die Zeit an der Hütte zur Ausbildung und bauen Eissanduhren, T-Anker und Standplätze Eis.



Tag 6 Rifugio Gnifetti - Ludwigshöhe - Capanna Margherita:
Am Morgen ist das Wetter noch immer schön und der Wind hat nachgelassen. Beste Voraussetzungen für den Weg zum höchsten Gebäude Europas. Der Capanna Margherita.  Auf dem Weg dorthin queren wir wieder den riesigen Gletscher. Wir kommen an Spalten vorbei, in denen man mühelos einen LKW versenken könnte. 

Fast im Gleichschritt stapfen wir zu unserem nächsten geplanten Gipfel, der Ludwigshöhe auf 4341m, sie ist der südlichste Viertausender der Schweiz. Viele Seilschaften sind mit uns auf dem Gletscher unterwegs, und begleiten uns auf dem Weg zum nächsten Gipfel, daher genießen wir oben nur kurz die Aussicht und begeben uns sogleich wieder auf den Abstieg. Zum einen, um den anderen Seilschaften Platz auf dem spärlichen Gipfelplateau zu machen, aber auch, um dem wieder stark aufziehenden Wind etwas zu entkommen. Besagter Wind hält uns nun auch davon ab, über den schmalen Gipfelgrat die Parrotspitze zu besteigen bzw. zu überschreiten.

In der Ferne sehen wir schon unser heutiges Tagesziel und eines der Tourenhighlights – die Capanna Margherita auf einer Höhe von 4556 m genau auf dem Gipfel der Signalkuppe. Die letzten etwa 100 hm haben es nochmal in sich, der Wind gibt alles und lässt uns zwischendurch das Gleichgewicht verlieren. Dem Pickel und der passenden Windrichtung sei Dank, kommen wir alle ohne Verluste oben an. Nach einer Woche Akklimatisierung, haben wir unser höchstes Ziel erreicht und trinken eine Tasse Heiße Schokolade und unser verdientes Stück(chen) Pizza Margherita. Wie wir schnell feststellen, sind nicht alle Hüttenbesucher so gut akklimatisiert wie wir, und so kommt der Hubschrauber im Laufe des Nachmittags zweimal, um Bergsteiger ins Tal zu fliegen. An die vielen Hubschraubereinsätze haben wir uns diese Woche fast gewöhnt, so dass es fast nichts Besonderes mehr ist, wenn zwei Meter neben dem Fenster ein Hubschrauber in der Luft steht. Dieses Spektakel findet laut Aussage des Hüttenpersonals zwei bis dreimal pro Tag statt.

 

Tag 7 Capanna Margherita – Grenzgletscher – Monte Rosa Hütte:

Nach einer nur mäßig erholsamen Nacht steigen wir bei windstille und einem fantastischen Sonnenaufgang zur Monte Rosa Hütte ab. Der Lyskamm zeigte sich von seiner schönsten Seite, ebenso das Matterhorn und lädt uns quasi ein, nochmal hierher zu kommen. Vorbei an mächtigen Eiswänden geht es als Seilschaft über den Grenzgletscher stetig bergab, immer darauf achtend, den richtigen Weg zwischen den Gletscherspalten zu nehmen. Nach den vielen Ausblicken auf Eis und Firn kommt sie dann in Sicht, die hochmoderne Monte Rosa Hütte und unser letztes Ziel dieser Spaghettirunde. Die einen lacht die Hängematte auf der sonnigen Terrasse an, den nächsten das kühle Hopfengebräu. Aber alle freuten sich auf eine warme Dusche und eine „richtige“ Toilette mit Wasserspülung.

 

Tag 8 Monte Rosa Hütte – Zermatt – Koblenz:

Nach einer angenehmen Nacht verabschieden wir uns von den Westalpen und gehen über den Gornergletscher bis zur Haltestelle Rotenboden, der Gornergratbahn, ab und gönnen uns die Fahrt mit der Gornergratbahn runter nach Zermatt. (Verdient ist verdient!) Jetzt noch mit dem Shuttle zurück nach Täsch und einige Stunden später kommen wir müde, aber gesund und höchst zufrieden wieder in Koblenz an. Die Tour hat uns gezeigt, dass in den Bergen der Weg das Ziel ist und nicht die bloße Anzahl an Gipfeln.

Nichtsdestotrotz: Wallis, wir kommen wieder!

 

Christina und Rolf Milles, Jörg Bach, Nadine Dreimüller, Adrian Fey und Franzi Tophofen