Die Sextner Dolomiten mit den bekannten Drei Zinnen waren das Ziel des diesjährigen Ausbildungskurs alpiner Klettersteige. Beim Vortreffen am 29.04. in Koblenz lernten wir uns kennen und besprachen die Tour. Einige Teilnehmende brachten einen großen Erfahrungsschatz mit. Es wurde vom Abseilen im Dülfersitz vor vielen Jahr(zehnt)en erzählt - da war die Neugier der Tourenleiter geweckt.
Am Sonntag, den 22.06. starteten wir um 4 Uhr morgens mit dem DAV Bus von Ehrenbreitstein und erreichten nachmittags den Parkplatz am Rifugio Lunelli (1.561m), der zu unserer Überraschung neu angelegt und sehr viel größer war als uns bekannt. Für den Aufstieg zum Rifugio Antonio Berti (1.950m) von 2,2 km und 400 hm gab János die Aufgabe ein Tempo zu gehen, das als Maßstab für den kommenden sehr langen Tag passend sei, nach einer Stunde waren wir angekommen. Die Wetterprognose für den Montag ging von Gewitter ab 15 Uhr aus, so dass wir uns angesichts von 1400 hm im Aufstieg und 1100 hm im Abstieg für ein frühes Aufstehen um 4:30 Uhr entschieden.
Am nächsten Morgen waren um 5 Uhr alle Teilnehmenden startbereit und standen sehnsüchtig wartend vor der verschlossenen Tür des Speiseraums. Die ersten Müsliriegel wurden verzehrt, da erschien doch noch der Hüttenwirt. Der Wetterbericht meinte es gut mit uns, das Gewitter sollte erst ab 16 Uhr kommen und wir entschieden uns fürs Frühstück. Etwas später als geplant ging es gegen 6 Uhr los. Den Zustieg zur Ferrata ließen wir schnell hinter uns und kamen zur ersten Schlüsselstelle des Tages, der Querung eines steilen Altschneefeldes. János legte mit dem Seil eine Absturzsicherung und Christina zeigte uns die richtige Tritttechnik. Mit Bravour meisterten alle die Querung und es ging weiter in die sehr schöne Ferrata Roghel. Die D-Stelle, eine steile Rinne, kletterten wir problemlos und hätte János uns nichts gesagt, wäre sie niemandem aufgefallen. Im Übergang vom Roghel zur Ferrata Cengia Gabriella machten wir nach gut 3 Stunden die erste Pause. Die Ferrata Gabriella war technisch leichter und aussichtsreich. Sie führt durch die Ost- und Südflanke des Monte Giralba die Sotto hin bis zu seiner Westwand. Der lange Abstieg mit Zick-Zack Wegführung verlangte höchste Aufmerksamkeit, um keine Steine loszutreten. Um 15 Uhr erreichten wir das Rifugio Carducci (2.297m). Hannelore und Ulrich, die einige Tage vorher angereist waren, begrüßten uns herzlich. Bei Sonnenschein genossen wir Espresso und Kuchen auf der Terrasse. Pünktlich um 16 Uhr fing es an zu regnen, gefolgt von Hagel, Blitz und Donner für die nächsten 2 Stunden. Alle waren froh in der Hütte zu sein. Eine Duschgemeinschaft beschloss, dass ein Chip mit 20 Litern Warmwasser für 4 Leute reicht, nun ja, der Letzte kam zum Schluss in den Genuss des frischen Bergwassers. Es konnte nicht eindeutig geklärt werden, wer von den ersten Dreien zu viel verbraucht hatte. Das Abendessen war vorzüglich und die neuen Betten mit guten Matratzen ließen uns hervorragend schlafen.
Am Dienstag gingen wir es ruhiger an mit Frühstück um 7 Uhr und Aufbruch um 8 Uhr. Die geplante Tour mit 680 hm im Aufstieg, 780 hm im Abstieg und das sonnige Wetter versprachen einen schönen Klettersteigtag. Nach kurzem Aufstieg zur Forcella Maria (2.408m) stiegen wir in die Ferrata Severino Casara ein, die südseitig um den Punta Maria und den Cima d’Auronzo führt. Der Steig führt auf aussichtsreichen Bändern querend mit einigen Auf- und Abstiegen. An einem überhängenden Fels machten wir eine Pause im Schatten und besprachen das Verhalten bei Gewitter. Christina und János zeigten uns verschiedene Knoten, die Selbstrettung mit Bandschlinge und an einem Aufschwung mit Trittbügeln übten wir gegenseitig das Nachsichern und Ablassen mit Halbmastwurf. Es ging weiter im Klettersteig, wie erreichten bald das berühmte schmale Band, das teilweise nur kriechend passiert werden konnte. Über eine Brücke mit viel Tiefblick ging es weiter zu einer Geröllfeldquerung, die am Seil gesichert einzeln begangen wurde. Weitere Querungen nahmen viel Zeit in Anspruch. Am Bivacco di Toni, dem Ende des Klettersteigs, machten wir um 14 Uhr unsere zweite Pause. Von dort ging es eine längere Strecke unterhalb des Zwölferkogels entlang, an der Zwölferscharte entschieden wir uns gegen den schnellen Abstieg durchs Geröll auf schmalem Pfad, gingen stattdessen den längeren Weg entlang des Sandbühels, stiegen am Joch den gut ausgetretenen Weg hinab und erreichten gegen 17 Uhr das Rifugio Zsigmondy Comici (2.224m). Das Abendessen war hervorragend und wir freuten uns auch die nächsten 2 Abende hier zu Gast zu sein. Für den Mittwoch und Donnerstag war eine Rundtour zu den Drei Zinnen und ein Ausbildungstag geplant. Aufgrund der sehr guten Wettervorhersage für den Mittwoch und der unbeständigen Prognose des Donnerstags, entschieden wir uns die lange Tour zu den Drei Zinnen einen Tag vorzuziehen.
Am Mittwoch morgen genossen wir das Frühstück mit verschiedenen Brötchen, auch Roggen und Körner dabei!, Zitronenkuchen und gefüllten Croissants. Wir starteten wieder um 8 Uhr in einigen sonnigen Klettersteigtag. Zunächst stiegen wir den Abstiegsweg vom Vortag hinauf bis zur Weggabelung zur Büllelejochhütte (Rifugio Pian die Cengia, 2.528m). An der Büllele angekommen, gönnten sich einige einen Kaffee, andere erkundeten die Umgebung mit alten Kriegsstellungen. Weiter ging es zum Büllelejoch (2.522m), kurz danach erreichten wir ein Plateau mit schöner Aussicht. Dort begann der Schartenweg (Sentiero delle Forcelle), ein sehr gut versicherter und schön angelegter Steig, der uns erneut aussichtsreich bis zur Gamsscharte (2.680m) führte. Alle hatten hier viel Spass. Im Gegensatz zu den ersten beiden Tagen fehlten lose Verankerungen, aufgespleißte oder nicht vorhandene Stahlseile und die beliebten Geröllquerungen. Auch waren wir nicht mehr alleine unterwegs. Ab der Gamsscharte gesellten sich viele weitere Klettersteiggeher über den Passportensteig aus Richtung Auronzohütte zu uns. Es wurde diskutiert, ob wir uns in den Stau zum Paternkofel (2.744m) anstellen und als wir uns schon dagegen entschieden hatten, war der Aufstiegsweg plötzlich frei. Abseits des übervölkerten Gipfelkreuzes an einem Platz mit herrlichem Ausblick auf die Drei Zinnen machten wir eine Pause und natürlich viele Fotos. Im Abstieg kamen wir leider in den Stau und mussten öfters warten. Zurück an der Gamsscharte folgten wir der Via ferrata De Luca Innerkofler hinab auf Fels mit Schneeresten bis zum Beginn der alten Kriegsstollen, die im 1. Weltkrieg errichtet wurden. Im Stollen war es stockdunkel und die Stirnlampen wurden eingeschaltet. Immer wieder führten Quergänge zu Fenstern im Fels, von denen man heute hervorragende Ausblicke in die Berglandschaft genießt, der ursprüngliche Zweck war bekanntermaßen ein anderer. Wir näherten uns der Drei Zinnen Hütte und hatten immer wieder spektakuläre Ausblicke auf die Zinnen. An der Hütte selbst verweilten wir nur kurz, die Schlange für Kaffee und Kuchen war zu lang, so dass wir schnell zur Bülllele über den Weg 101 aufbrachen. Um 15:30 Uhr kamen wir an und es gab deftige Burger, leckeren Kuchen und exzellenten Kaiserschmarrn. Nach einem langen Tag (12 km, 940 hm) gab es abends auf der Zsigmondy wieder ein hervorragendes Abendessen und es wurde sich über die Erlebnisse der letzten Tage ausgetauscht.
Am nächsten Morgen gab es leider eine unschöne Überraschung. In der Nacht hatte sich ein Magen-Darm-Infekt einiger unserer Gruppe angenommen, so dass am Ausbildungstag nicht alle teilnehmen konnten. Nach dem Frühstück stiegen wir auf zur Büllele. In der Nähe baute Christina einen Stand an einem passenden Felsen und wir übten im Gefälle das Abseilen mit Tube und Prusik. Die Sonne brannte, so dass wir gegen Mittag in den Schatten an der Büllele flüchteten. Nach dem Essen verzichteten wir auf das Abseilen am senkrechten Fels und kehrten zurück zur Zsigmondy. Den Nachmittag verbrachten wir auf der sonnigen Terrasse. Beim Abendessen gab es für die verbliebenen Gesunden doppelten Hauptgang und Nachspeisen, die anderen begnügten sich mit Minestrone und trockenem Reis.
Im Laufe der Nacht zum Freitag erwischte es leider weitere, so dass am Morgen nur noch einer fit war. Die lange, anstrengende Tour über Alpinisteig und Rotwand zurück zum Rifugio Berti musste ausfallen. Wir stiegen über die Talschlusshütte ab zum Fischleintalboden. Dort stand das Auto von Hannelore und Ulrich mit dem der DAV Bus vom Parkplatz an der Lunelli abgeholt wurde. Auf der Rückfahrt spielten wir „Ich mache eine Reise und nehme mit“ Vomex A, Immodium Akut, einen Wasserfilter, Chlortabletten und Zwieback. Immerhin, der Humor war uns nicht abhanden gekommen. Um 22 Uhr kamen wir in Ehrenbreitstein an. Eine aufregenden, fordernde Klettersteigwoche in wunderschöner Bergkulisse war schon wieder zu Ende. Dolomiten – wir kommen wieder!
- Henning -